Die Norm DIN EN ISO 11295 „Klassifizierung und Informationen zur Planung und Anwendung von Kunststoff-Rohrleitungssystemen für die Renovierung und Erneuerung“ ist das Nachschlagewerk für alle Fachleute, die sich mit der Planung und Anwendung von grabenlosen Technologien zur Sanierung von überalterten und schadhaften Rohrsystemen auseinandersetzen.
Sie enthält eine grundsätzliche Einordnung und Charakterisierung der aktuell verfügbaren Techniken – wie beispielsweise das Rohrstrang-Lining, das Lining mit einer fest verankerten Kunststoffauskleidung, das Berstverfahren oder das Horizontal-Spülbohrverfahren (HDD) – und deren Anwendung. Bisher fehlte in der Norm allerdings die Technikfamilie der mit Ringraum eingebauten Gewebeschlauchliner.
Seit der Auflage 2018-06 ist auch dem Verfahren „Lining mit eingezogenen Schläuchen“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Wie für alle anderen Methoden enthält das Kapitel eine kurze Beschreibung in Textform sowie eine schematische Darstellung über die Funktionsweise des Verfahrens. In neutraler Form, also ohne Nennung von Produktnamen, listet es tabellarisch die Merkmale des eingezogenen Schlauchs. Darunter fallen Charakteristika wie die Materialien, aus denen der Schlauch gefertigt oder für welche Anwendungsbereiche er geeignet ist. Ebenso definiert das Kapitel geometrische Eigenschaften wie Durchmesser, maximale Einbaulänge oder Bogengängigkeit. Außerdem gibt es Auskunft über Einbaueigenschaften sowie die zum Einbau benötigte Ausrüstung oder den Platzbedarf an der Oberfläche.
Doch wie schafft es eine neue Technologie, in die Norm aufgenommen zu werden?
Je nach Geltungsbereich gibt es nationale und internationale Normierungsgremien. Auf internationaler Ebene arbeiten technische Komitees der „International Standardisation Organisation“ (ISO) an den Normen. Technische Komitees sind auch für die Anwendbarkeit von Normen in Europa zuständig. Europäische Normen sind am Zusatz „EN“ erkennbar. Auf nationaler Ebene gibt es Normenausschüsse des Deutschen Instituts für Normung (DIN), die die Harmonisierung für Deutschland durchführen.
Die Überarbeitung der DIN EN ISO 11295 vom August 2010 liegt auf internationaler Ebene im Verantwortungsbereich des ISO TC (Technical Committee) 138. Es arbeitete 1992 den technischen Report ISO/TR11295 als Vorläufer der Norm aus und ist für die Aktualisierung der Norm zuständig. Das Spiegelgremium auf nationaler Ebene ist der Arbeitsausschuss NA119-05-37 AA, der sich mit der Renovierung, Reparatur und Erneuerung von Abwasserkanälen und -leitungen beschäftigt. Der Ausschuss NA119-05-37 AA ist dabei dem DIN-Normenausschuss NA 119 für das Wasserwesen (NAW) untergeordnet.
Den Kontakt mit dem bei der DIN zuständigen Ansprechpartner knüpfte Robert Goletz, Technischer Leiter bei Primus Line, schließlich über die bestehende Verbindung zu einem Mitglied des TC 138.
Gemeinsam mit zwei europäischen Mitbewerbern, die ein ähnliches Produkt anbieten, reichte Rädlinger primus line einen Antrag bei der DIN zur Aufnahme des Linings mit eingezogenen Schläuchen in die DIN EN ISO 11295 ein. Da „berechtigtes Interesse“ bestand, die Gewebeschlauchliner in der Norm zu berücksichtigen, wurde dem Antrag stattgegeben.
Auf Einladung der DIN wirkte Robert Goletz im Normenausschuss an der Ausarbeitung des neuen Kapitels mit. Dabei vertrat er auch die Interessen der Mitbewerber. Das Gremium umfasste rund 30 Personen, darunter auch Vertreter aus der Zulieferindustrie und der Hersteller anderer Technikfamilien.
Bis ihre Produktgruppe Einzug in die Norm hielt, brauchten die Hersteller der Gewebeschlauchliner einen langen Atem: Von der Erstanfrage bis zur Veröffentlichung der neuen Auflage vergingen knapp drei Jahre.
Mit dieser Neuauflage stehen den Fachleuten nun alle gegenwärtig verfügbaren Methoden zur Planung von Renovierungen oder Erneuerungen von Druckrohrleitungen zur Verfügung. Damit sind sie in der Lage, das für ihren Anwendungsfall geeignetste Konzept zur Sanierung DIN-konform und gemäß dem aktuellen Stand der Technik zu erstellen sowie die betriebswirtschaftlichste Lösung auszuwählen.